Briefe aus der Heimat

von Uwe Kerntopf (Kommentare: 0)

Die Frage, ob es möglich ist, dass ein Verwandter 1948 in Pommern noch verstorben ist obwohl 1947 alle vertrieben wurden, muss man ganz klar mit einem JA beantworten!


Natürlich ist 1945 vielen die Flucht gelungen, aber die „großen“ Vertreibungswellen haben bis zuletzt 1957 stattgefunden. Nicht zu vergessen sind die vielen Tote durch Flucht und Vertreibung!
Zeitzeugenberichte und Literatur gibt es dazu reichlich, hier lohnt ein Besuch der Stolper Heimatstube.

Aber auch über 1957 hinaus befanden sich Deutsche im nun polnischen Pommern. Dies waren zum Teil die, die 1945 keine Flucht angetreten haben, da sie sich um nicht fluchtfähige Angehörige kümmerten, oder sich auch selber entschieden haben, dort zu bleiben, wenn die Möglichkeit bestand.

Hier lohnt ein Kontakt zur „Deutschen Minderheit in Stolp“.

Einen kleinen Einblick, wie die Situation der Deutschen im polnischen Pommern war, erkennt man in den Briefen, die nach Westdeutschland geschickt wurden. Zu beachten ist, dass diese die polnische Kontrolle passieren mussten!

Hierzu hatte ich im Dezember 2012 einen Artikel für die Pommersche Zeitung verfasst, der in Folge 6/13 am 9. Februar 2013 veröffentlicht wurde:

Briefe aus der Heimat

Während einer Pause des Forscherseminars des Pommerschen Greif e.V. Ende Januar 2010 in Travemünde hielt ich mich in der Greif-Bibliothek auf. Mehrere Personen stöberten in den Büchern und Unterlagen. Wir bemerkten, wie Umzugskartons in den Raum gebracht wurden, in denen sich DIN-A4-Ordner befanden. Der Jagdinstinkt des Forschers wurde geweckt, neue Unterlagen gab es zu sichten. Und wie Elmar Bruhn, der Vorsitzende des Greif, erklärte, handelte es sich um eine Abgabe der Pommerschen Landsmannschaft Schleswig-Holstein an den Greif. Die Ordner beinhalteten Briefe, die in den 50ern und 60ern von in Pommern verbliebenen Deutschen nach Westdeutschland geschrieben wurden. Die PLM hatte eine Paket-Initiative durchgeführt, um die in der Heimat verbliebenen Menschen zu unterstützen. Und in den Briefen findet man Dankesworte und Bitten.
Eher weniger ging man auf die Situation vor Ort ein, da man wohl damit rechnen musste, dass dieser Briefverkehr genauestens überwacht wird.
Für jeden Landkreis gab es einen Ordner. Elmar Bruhn gab mir den Stolper Ordner mit der Auflage, diese Briefe auch für den Greif zu digitalisieren. Bewahren könnten wir die Originale in der Stolper Heimatstube.
Den Bütower Ordner nahm ich ebenfalls auf Bitte von Klaus-Dieter Kreplin mit, da dieser mit der Bahn nach Travemünde angereist war und kein zusätzliches Gepäck mitschleppen wollte.
Dieser Umstand war ein Glücksfall, denn die Zuordnung der Kreise bezog sich auf die 60er Jahre. Zu diesem Zeitpunkt gehörten Ortschaften der polnischen Großgemeinde Schwarz Damerkow zum polnischen Kreis Bütow. Also die Stolper Ortschaften Bochowke, Gliesnitz, Groß Nossin, Groß Rakitt, Jerskewitz, Karwen, Klein Nossin, Klein Rakitt, Kleschinz, Kutusow, Mickrow, Neurakitt, Schwarz Damerkow, Vargow und Wottnogge.
Und im Bütower Ordner befanden sich auch einige Briefe aus diesen Ortschaften.

 

Hier die komplette Liste der Stolper Orte und Namen und in Klammern die Anzahl der Briefe:

Benzin Konkol, Waltraut (2)
Bewersdorf Barth, Elisabeth (1)
Bochowke Tandek, Kazimiera (1)
" Wendt, Ella (1)
" Wendt, Stanislaw (2)
" Wenta, Elzbieta (2)
Bornzin Kaspari, Frieda (1)
" Swiątek, Anna (1)
Dammen Wockenfuß, Eliesabeth (2)
Denzin Jenschek, Maria (2)
Deutsch Karstnitz Jeschke, Pauline (1)
Gambin Zimmermann, Margarete (3)
Glowitz Dahms, Leokadia (4)
" Jost, Marta (5)
Groß Garde Judaschke, Emma & Karl (5)
" Kowulska, Katarina (2)
" Luksza, Gerda (1)
" Stricker, Paul (1)
" Watkowski, L. (2)
Groß Rakitt Golik, Ida (1)
" Swięcka geb. Splettstößer, Waltraut (10)
" Wolska, Anna (1)
Karwen Rosiak geb. Wischetzki, Irene (2)
Klein Garde Griechen, Wilhelmine (2)
Klucken Czirr, Alma (1)
" Kirck, Wilhelm (1)
" Klück, Emil (1)
" Klück, Erich (1)
Lupow Wichmann, Gertrud (1)
Mickrow Lindstedt, Teresa (2)
" Waliszewski, Marianne (1)
Neu Jugelow Kargin, Gertruda (1)
Neurakitt Wenzel, Minna (1)
Pottangow Kazubonski, Irene (3)
Rumbske Laurus, Gertud (1)
Schelow/Stojentin Gadde, Charlotte (1)
Schmolsin Szołomicka, Christel (2)
Schorin Leik, Martha (1)
Stolp Drolonski, M. (1)
" Fieck, Clara (2)
" Fürstenberg, Gertrud (2)
" Gdanicz, Berta (1)
" Golik, Hilde (2)
" Hoppe, Elsa (1)
" Kautz, Alice (3)
" Konkol, Klara + Ambrosius (4)
" Krajewska, Stefania (1)
" Lemke, Katarzyna (1)
" Meyer, Ida (1)
" Paluchowska geb Eggert, Hildegard (10)
" Suchau, Ursel (1)
" Zielinski, Anna + Max (1)
Stolpmünde Zaworska, Julie (1)
Viatrow Sowinska, Grete (1)
Vietkow Pradlik, Elsbeth (2)
" Voigt, Else (1)
Vixow Berndt, Irmgard (2)
Weitenhagen Katzke, Käte (1)
" Katzke, Minna (1)
Wendisch Buckow Borman, Helena (3)
" Saluc, Anna (1)
Wendisch Silkow Gadde, Frida (4)
Zemmin Toczek, Adolf (2)
Eheleute Winiarski

Seit einigen Jahre pflege ich gute Kontakte nach Groß Rakitt, so verbrachte ich auch einige Nächte im Haus des früheren Gasthofes Splettstößer. Die letzte Besitzerin Waltraut Splettstößer verließ wegen ihrer kranken Mutter Groß Rakitt nicht bei Kriegsende. Sie heiratete 1952 in Groß Rakitt (poln. Rokity) Edmunt Swięcki. Ihre Tochter, die Künsterlin Klaudia Winiarska geb. Swięcka hat das ehemalige Gasthaus ihrer Vorfahren zusammen mit ihrem Mann Stanisław Winiarski gekauft. Viele Räume des Hauses nutzen sie für ihre Fotoprojekte. Die oben erwähnten 10 Briefe ihrer Mutter habe ich ihr gegeben, da ich der Meinung war, dass sie in die Familie gehören.

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