Stolper Kalenderblatt

Historisches (Jan./Febr.)

von Klaus-Peter Kohlhas (Kommentare: 1)

Auswanderungswelle 1868 und neue Ziele

Zwischenbilanz der Auswanderungswelle 1868

 

Aus Stadt und Provinz
Stettin. Wie bedeutend die Auswanderung ist, beweist, daß in dem kurzen Zeitraum vom 22. bis 29. März allein aus unserer Provinz 476 Personen nach Amerika ausgewandert sind. Diese Zahl vertheilt sich auf die einzelnen Kreise wie folgt: Arnswalde 8, Cammin 16, Dramburg 30, Fürstenthum 70, Greifenberg 82, Lauenburg 12, Naugard 68, Neustettin 56, Pyritz 25, Regenwalde 26, Saatzig 38, (Soldin 19), Stolp 8 und Usedom-Wollin 18. Die bei der letzten Volkszählung in den Regierungsbezirken Stettin und Stralsund konstatirte Verminderung der Bevölkerung ist neben den anderweit bekannten Ursachen zum Theil jedenfalls auch auf die in den letzten Jahren stetig anhaltende Auswanderung zurückzuführen. So bedauerlich diese Erscheinung der fortdauernden Auswanderung namentlich im Hinblick auf den Umstand ist, daß gegenwärtig in der nordamerikanischen Union Tausende von Arbeitern brodlos sind und viele Einwanderer daher den Entschluß, die Heimath verlassen zu haben, bereuen, so erfordert sie schon aus dem Grunde die größte Aufmerksamkeit, weil sie Zeugnis ablegt von den gedrückten Verhältnissen, in welchen sich unsere sozialen und politischen Zustände bewegen. Ein sprechendes Symptom hierfür ist die Beobachtung, daß die deutschen Auswanderer im Gegensatze zu Engländern und Franzosen ihre Heimath verlassen, ohne den Vorsatz, später zurückzukehren und wenn sie das Glück begünstigen sollte, im Vaterlande die Frucht ihrer Thätigkeit zu genießen. (N. Stett. Ztg.)

Quelle: Intelligenz-Blatt für Stolp, Schlawe, Lauenburg und Bütow, Nr. 27/1868, S. 2

 

Neue Ziele für Auswanderer

 

Zur Auswanderung nach Algoa-Bay am Cap der guten Hoffnung.
Eine neue Entdeckung ist in diesem Augenblicke das Augenmerk europäischer Auswanderungslustiger geworden.
Im vorigen Jahre (1867) entdeckte ein Preuße Namens Gottfried Mengers, geboren in der Provinz Preußen, die Goldfelder von Algoa-Bay am Cap der guten Hoffnung, und bis dato ist das Resultat der von den englischen Behörden angestellten Untersuchungen ein derart ergiebiges gewesen, daß Algoa-Bay mit Recht das neue Californien genannt werden könnte. Heute wie vor Jahren sehen wir es, daß der Strom der Auswanderungslustigen nach derartig neu entdeckten Plätzen ihren Weg über Hamburg nehmen, das, trotzend allen Anstrengungen concurrierender Plätze seinen Rang als erster Auswanderungsplatz auf dem Continent zu behaupten gewußt.
Besonders angenehm ist es uns, zu erfahren, daß das größte und berühmteste Beförderungs-Comtoir Georg Hirschmann u. Co. Hamburg, Neust. Neuerweg Nr. 3, die direkte regelmäßige Passagier-Beförderung nach Algoa-Bay übernommen und 3mal per Monat seine Passagiere dahin abgehen läßt. Eine Bekanntmachung, die gewiß bei jedem mit Auswanderungs-Verhältnissen Bekannten eine mehr als beruhigende Empfindung hervorrufen wird.
Quelle: Intelligenz-Blatt für Stolp, Schlawe, Lauenburg und Bütow, Nr. 89/1868

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Kommentar von Schulz |

Ich interessiere mich für die oben angezeigte Schiffspassage von Hamburg nach New Orleans.
Da stehen leider nur Datum mit Wochentag - keine Jahreszahl. Was ist das genaue Datum?
Wissen Sie auch, wann die ersten Menschen aus Stolp ausgewandert sind ? Wo legten die Schiffe in der Regel in den USA an ?

Vielen Dank für Ihre Hilfe!
Brigitte Schulz